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7.4 Cobija

Die Ruinen von Cobija liegen etwa 50 km nördlich von Hornitos, etwa 1 km westlich der Ruta 1 an der Küste. Cobija wurde 1825 per Beschluss von der bolivianischen Regierung gegründet, um einen unabhängigen Zugang zum Pazifik und somit den Handel ohne Umweg über den peruanischen Hafen Arica zu erlangen. Besonders bedeutend war der Hafen für den Export von Silber aus den Minen von Potosi, der zuvor umständlich über die peruanische Hauptstadt La Paz erfolgen musste.

Abbildung 7.4.1

7.4.1 Die Ruinen von Cobija mit Blick auf die Küstenkordillere. Bei einer Besiedlung einer so unwirtlichen Umgebung spielen wirtschaftliche Interessen eine entscheidende Rolle.

 

Von Beginn an war die Versorgung der exponierten Stadt extrem schwierig. Die Brunnen der Stadt lieferten wegen der Küstenlage sehr salziges Wasser. Lebensmittel mussten per Schiff aus dem mehr als 1000 Kilometer entfernten Valparaiso geliefert werden. Dennoch wurde durch die Stadt- und Hafengründung eine Preissenkung der über Cobija ins Hochland importierten Waren um 50% im Vergleich zur alten Handelsroute über Arica und La Paz erreicht (Lofstrom, 1974). Cobija blieb trotz wirtschaftlicher Rezession bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts der wichtigste Hafen Boliviens. 1868 wurde die Stadt erstmals von einem Tsunami zerstört. Nach dem Wiederaufbau zerstörte 1877 ein Tsunami wiederum die Stadt (Bryant, 2008). Die bolivianische Regierung beschloss deswegen eine Zusatzsteuer auf Salpeter, um die finanzielle Regeneration der Region zu ermöglichen. Diese bildete jedoch einen Verstoß gegen das chilenisch-bolivianische Abkommen von 1874 und trug entscheidend zum Ausbruch des Salpeterkrieges („Guerra del Pacifico“)  1879 bei. Nach der schnellen chilenischen Eroberung des Küstenstreifens bis Arica versank der Hafen von Cobija, auch angesichts der wachsenden Konkurrenz von Antofagasta, in Bedeutungslosigkeit. Heute ist Cobija eine Geisterstadt (Abb. 7.3.1).

Die Geschichte der Stadt Cobija führte uns eindrucksvoll vor Augen, mit welchen Problemen die Besiedlung der nordchilenischen Küste verbunden war und ist. Die Zone des Erdbebens von 1877 ist  seitdem i.w. inaktiv und bildet eine bedeutende und drohende „seismische Lücke“. Daher ist ein größeres Erdbeben, möglicherweise assoziiert mit einem Tsunami, in den nächsten Jahrzehnten mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten (Mazova et al., 1999). Die Folgen für die modernen Küstenstädte, wie zum Beispiel Iquique, wären sicher groß. Warnsysteme und Evakuationsrouten werden zwar eingerichtet, jedoch würde die Tsunami-Vorwarnzeit wegen der wahrscheinlich niedrigen Distanzen zur Subduktionszone nur wenige Minuten betragen.

 

 

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