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Coloe Fossae

Das Coloe Fossae Graben-System befindet sich in der nördlichen Hemisphäre des Mars und strecken sich entlang der planetarischen Dichotomy. Diese "Grenze" trennt das südliche Hochland von dem nördliche Tiefland: In der Coloe Fossae Region ist es die Hochlandregion Terra Sabaea von der Tieflandregion Utopia Planitia (siehe Kontextkarte). Die Ursache für die Zweiteilung unseres Nachbarplaneten ist noch nicht geklärt. Denkbar ist, dass die Nordhalbkugel des Mars vor mehr als vier Milliarden Jahren von einem Kleinplaneten wie von einem Streifschuss getroffen wurde und dabei im Norden mehrere Kilometer Gesteinskruste weggerissen wurden. Die globale Grenze ist allgemein durch einen steilen Abhang mit einem Höhenunterschied von etwa zwei Kilometern. In einigen Bereichen erscheint die Grenze sehr scharf, während sie in anderen – wie in der Region Coloe Fossae – breit und komplex ist. Diese Übergangszone ist als Protonilus Mensae bekannt (siehe Kontextkarte). Sie ist durch eine hügelige Landschaft gekennzeichnet und wird auch als  „fretted terrain“ bezeichnet – ein Begriff, der die erodierte, hügelige  Landschaft beschreibt.

Vom Norden (rechte Seite) bis in den Süden (linke Seite) ist die Szenerie von Krustenblöcken durchzogen, die in der Geologie als „Horst- und Grabenstruktur“ bezeichnet werden. Auf dem Mars gibt es zahlreiche solche Strukturen, bei der die Gesteinskruste durch aufsteigende Magmakammern gedehnt und aufgewölbt wurde, wie beispielsweise im Norden des Riesenvulkans Olympus Mons. Das umliegende Terrain weist mehrere Einschlagskrater auf, darunter auch Gruppen von kleinen, unregelmäßig geformten Kratern. Solche sogenannten Sekundärkrater entstehen, wenn bei dem Einschlag eines Asteroiden Material herausgeschleudert wird und auf die Oberfläche zurückfällt und so weitere Krater erzeugt. Dabei kommt das Krater-erzeugende Projektil also vom getroffenen Objekt selbst. Einschläge von Asteroiden sind der markanteste Prozess, der auf Himmelskörpern mit festen Oberflächen für Veränderungen der Landschaft von außen sorgt.  Auf alten Oberflächen sind viele große Krater zu finden, die dem „Bombardement“ aus dem All über sehr lange Zeit ausgesetzt waren. Weniger und kleine Krater deuten in der Regel auf jüngere Oberflächen hin. Die raren Einschlagskrater auf den Böden der Gräben deuten somit darauf hin, dass diese Ablagerungen im Vergleich zu dem kraterreichen umliegenden Terrain deutlich jünger sein dürften.

Bei näherer Betrachtung zeigen die Materialien auf den Böden der Senken auch faszinierende Oberflächenmerkmale, die wertvolle Einblicke in die Geschichte des Mars geben, insbesondere in seine klimatische Entwicklung. An vielen Stellen ist ein stromlinienförmiges Muster zu erkennen, das charakteristisch für sogenannte lineare Talfüllungen ist. Lineare Talfüllungen entstehen durch zähflüssige, eisreiche Ablagerungen. Das Material ähnelt irdischen Blockgletschern, die von einer Schicht aus Schutt oder Gestein bedeckt sind. Diese Ablagerungen bestehen wahrscheinlich zu mehr als 80 Prozent aus Eis, das unter einer dicken Schicht aus Gesteinsmaterial begraben und vor der Sublimation, dem Verdampfen, geschützt ist. Die linienförmigen Strukturen auf der Oberfläche entstehen durch das langsame Abfließen der Eismassen entlang der Talhänge. In der Talmitte stoßen diese zusammen und werden ineinander gepresst – vergleichbar mit dem Effekt, wenn man eine Tischdecke von beiden Seiten zusammenschiebt. Als Pendant zur linearen Talfüllung werden ähnliche Merkmale innerhalb von Einschlagskratern als konzentrische Kraterfüllung bezeichnet. Letztere sind in einigen Kratern auf dem Bild zu erkennen. Beide Oberflächenstrukturen sind also ein eindeutiger Hinweis auf die ehemalige Aktivität von Gletschern innerhalb der Gräben und Senken. Aber wie konnte sich diese Vergletscherung so weit von den Marspolen entfernt ereignen?

Dass es Gletscher in den mittleren Breitengraden des Mars gab, ist ein Anzeichen dafür, dass der heute trockene Planet im Laufe seiner Entwicklung abwechselnd kalte und warme Perioden erlebte. Wiederholte Frost-Tau-Zyklen trieben diesen Prozess an. Diese Klimaschwankungen werden durch Veränderungen der Orbitalparameter des Mars verursacht, also der schwankenden Entfernung des Mars auf seiner elliptischen Bahn um die Sonne, aber insbesondere auch durch die Neigung seiner Rotationsachse, die starken Schwankungen unterworfen ist.

Im Gegensatz zur Erdachse, deren Neigung von etwa 23,5 Grad über mehr als vier Milliarden Jahre hinweg dank der stabilisierenden Wirkung des Mondes weitgehend konstant geblieben ist, schwankt die Achsneigung des Mars stärker und häufiger. Hierfür sind die schwerkraftbedingten Einflüsse anderer Planeten verantwortlich. Diese Zyklen der Achsneigung bewirken regelmäßige Klimaschwankungen auf dem Mars – und verändern dabei auch die Verteilung des Eises.

Einfach ausgedrückt: In Zeiten hoher Achsneigung breitet sich das Eis von den Polen in Richtung der mittleren Breiten aus. Ist die Neigung hingegen geringer – wie es heute der Fall ist –, zieht sich das Eis wieder zu den Polen zurück und hinterlässt dabei sichtbare Spuren in der Landschaft. Das regelmäßige Auftreten solcher Formen entlang der Dichotomie in vergleichbaren Breiten deutet darauf hin, dass globale klimatische Prozesse dafür verantwortlich sind – und nicht lediglich lokale Umweltveränderungen.