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Nectaris Fossae & Protva Valles

Thaumasia Planum ist ein großes vulkanisches Hochlandplateau südlich der tiefen Schluchten Melas und Coprates Chasmata – zwei tektonischen Bruchstrukturen, die Teil des riesigen, 4.000 Kilometer langen Talsystems Valles Marineris sind. Die „Ebene des Thaúmas" ist nach einem Meeresgott in der griechischen Mythologie benannt und besteht größtenteils aus erstarrten Lavaströmen. Diese sind bis zu mehreren tausend Meter dick und haben mit dieser Mächtigkeit auf den Kontinenten der Erde keine Entsprechung. Die Lava ist vermutlich im Zeitalter des Noachiums ausgetreten, dem ältesten der drei geologischen Zeitalter des Mars, und ist folglich etwa vier Milliarden Jahre alt. Thaumasia grenzt im Osten an einen 900 Kilometer langen, von Norden nach Süden verlaufenden Bergrücken, der informell als Coprates-Erhebung bezeichnet wird.

Die hier vorgestellte HRSC-Bildsequenz zeigt die östliche Flanke des Coprates-Bergrückens, der tektonische Bruchstrukturen der Nectaris Fossae sowie breit eingeschnittene Täler des ausgetrockneten Flusssystems Protva Valles enthält. Die Topographie deutet auf eine massive Veränderung der Landschaft durch Bewegungen in der Marskruste, welche die Bildung der tektonischen Gräben zur Folge hatte, und anschließender Erosion hin. Einige Landschaftsformen sind das Ergebnis von austretender und dann erstarrter, dünnflüssiger Lava, wodurch sogenannte Runzelrücken entstanden (siehe kommentiertes Bild und Übersichtskarte).

Die Bildung der Nectaris Fossae begann vermutlich im Noachium und setzte sich möglicherweise bis in das folgende Mars-Zeitalter fort – das späte Hesperium, in dem der Mars mehr und mehr seine heutige Gestalt annahm. Es wird angenommen, dass die Gräben „genetisch“ mit dem Valles-Marineris-System verknüpft sind, also wie diese durch eine Dehnung der Kruste infolge einer Aufwölbung durch aufsteigende Magmablasen entstanden sind. In dieser HRSC-Beobachtung schneiden die Klüfte nahezu geradlinig durch das Bild und sind oft mit hell getöntem Staub oder Sand gefüllt.

Das Talnetzwerk von Protva Valles ist stark von der Erosion verwittert. Sein Ursprung wurde auf die späte Noachische beziehungsweise frühe Hesperische Periode datiert – eine Zeit, in der viel mehr Wasser über die Oberfläche des Mars floss, erodiertes Material mitführen konnte und die Oberfläche dadurch neugestaltete.

Die Entwicklung der Region könnte mit der Auflast durch die Masse der bis zu 20 Kilometer hohen Tharsis -Vulkane und des Megavulkans Olympus Mons begonnen haben. Diese Last könnte Spannungen in der Gesteinskruste verursacht und zu zahlreichen Dehnungsbrüchen geführt haben. Danach wurde die Region wiederholt von Lavaströmen aus Basalt bedeckt, dem auch auf der Erde häufigsten vulkanischen Gestein aus dünnflüssiger Eisen- und magnesiumreicher Lava. In einer späteren Phase wurde die Region von Vulkanasche und -staub bedeckt. Schließlich wurden durch abfließendes Wasser Täler in die Landschaft erodiert.

Einige der Täler scheinen tiefer in das Gestein eingeschnitten zu sein, andere sind eher oberflächlich und breiter. Sie scheinen auch auf unterschiedlichen Höhenniveaus zu entspringen – ein Hinweis auf eine Absenkung des Grundwasserspiegels, falls die Flüsse von austretendem Grundwasser gespeist wurden. Aufgrund der starken Erosion ist es jedoch schwierig, die Herkunft des Wassers zu bestimmen. Die Höhenunterschiede innerhalb dieses Bildes betragen beeindruckende 4.500 Meter. Das sind Dimensionen, die wir auf der Erde nur aus den höchsten Gebirgen, den Anden und dem Himalaya, kennen. Seit der Entstehung von Protva Valles vor vermutlich 3,8 Milliarden Jahren ist die Geologie jedoch kaum verändert worden.