Springe direkt zu Inhalt

Jovis Tholus - versunken im Lavasee

Jovis Tholus perspective view

Jovis Tholus perspective view
Bildquelle: ESA/DLR/FU-Berlin

Jovis Tholus (lat.: „die Kuppel des Jupiters“) ist ein sogenannter Schildvulkan. Dieser Vulkantyp entsteht durch dünnflüssige, aus dem Vulkanschlot schnell abfließende Lavaströme, die einen ausgedehnten und mit geringer Hangneigung abfallenden Kegel entstehen lassen, der an einen flachen Schild erinnert. Die Lava ist vergleichbar mit jener, die 2021 vom Vulkan Cumbre Vieja auf der Kanareninsel La Palma ausgestoßen wurde. Der größte Schildvulkan auf der Erde ist mit 17 Kilometern (von seinem unterseeischen Fuß bis zum Gipfel gerechnet) der Mauna Loa auf Hawaii. Sein Pendant auf dem Mars ist der 24 Kilometer aus der Tharsis-Aufwölbung herausragende Olympus Mons, der höchste Vulkan im Sonnensystem.

Lange vulkanische Aktivität

Der vergleichsweise kleine, 1500 Meter hohe Schildvulkan Jovis Tholus liegt gewissermaßen im ‚Nachmittagsschatten‘ des Olympus Mons, auf halber Strecke zwischen dessen fünf- bis sechstausend Meter hohen östlichen Steilabbrüchen und dem 18 Kilometer hohen Vulkan Ascreus Mons, dem nördlichen der drei Tharsis-Vulkane.

Jovis Tholus befindet sich am nördlichen Rand einer weitreichenden Lava-Ebene, südöstlich des Grabensystems Ceraunius Fossae und nordöstlich der Grabenbrüche Ulysses Fossae. Die markante Aufwölbung des Jovis Tholus hat einen Durchmesser von 58 Kilometern, vergleichbar mit der Insel Gran Canaria. Seine mit 28 Kilometern vergleichsweise große Caldera besteht aus insgesamt fünf Kratern, was auf eine lange vulkanische Aktivität schließen lässt. Die einzelnen Calderen sind miteinander verbunden, die jeweils jüngeren haben einen etwas tiefer gelegenen Grund, was zeigt, dass die Decken der ehemals darunter befindlichen Magmakammern immer tiefer eingebrochen sind.

Wie die meisten Schildvulkane ist „Jupiters Kuppel“ von jüngeren Lavaströmen umgeben. Sie lassen von der ursprünglichen Landschaft nicht mehr viel erkennen – noch nicht einmal einen Kraterrand - und dürften deshalb, einem „steinerner See“ gleich, mehrere hundert Meter mächtig sein. Sie überdecken ebenfalls eine Reihe von Gräben in der unmittelbaren Umgebung des Vulkans. Seine östliche Vulkanflanke bildet die steile Felswand eines Grabens, der von dort weiter Richtung Norden verläuft. Einige Teile dieses Grabens sind auch noch viele Kilometer weiter nördlich in den Ebenen zu erkennen. Bei näherem Hinsehen kann man auf den Lava-Flächen die Umrisse vieler einzelner Lavaströme erkennen. Sie bestehen aus erstarrter Basaltlava, die einen sehr niedrigen Gehalt an Silikatmineralen und Wasser hat. Deshalb ist sie sehr dünnflüssig, nicht explosiv und kann auch bei ganz geringem Gefälle durch den „Lava-Nachschub“ sehr weit in die Ebene fließen beziehungsweise geschoben werden, ehe der Lavastrom erstarrt.

Eine sehr interessante Struktur befindet sich etwa 30 Kilometer östlich der Vulkanflanke. Hier erhebt sich ein zweiter, weniger entwickelter Vulkan. Ihn erkennt man am besten in der topographischen Farbdraufsicht in der rechten unteren Bildhälfte (Bild 4). Hier trat wahrscheinlich weniger dünnflüssige, zähere Lava aus einer Spalte aus. Solche Spaltenvulkane gibt es auf der Erde beispielsweise auf Island oder Hawaii.

Ein "matschiger" Einschlag

Aber es gibt auf diesen Bildern noch andere Phänomene als vulkanische Strukturen zu sehen. Etwa 60 Kilometer nördlich von Jovis Tholus liegt ein 30 Kilometer durchmessender Einschlagskrater, dessen Auswurfdecke eine besondere Form hat. Seine Morphologie lässt erkennen, dass der Auswurf eine eher flüssige Konsistenz hatte und um die Kratervertiefung wie Schlamm verteilt wurde, der beispielsweise bei einem Steinwurf in eine Pfütze „mobilisiert“ und in ähnlicher Form abgelagert wurde; in der englischen Fachsprache wird dies als ‚fluidized ejecta layer‘ bezeichnet. Um eine derartige Auswurfdecke zu bilden, muss im Untergrund Wasser oder Eis vorhanden gewesen sein, das beim Einschlag verflüssigt oder verdampft wurde.

Außerdem entspringen direkt am nordwestlichen Rand der scharfen Grabenverwerfung, die den Einschlagskrater begrenzt (und die obere linke Bildecke wie mit einem Messerschnitt durchzutrennen scheint), mehrere Ausflusskanäle, in denen einzelne, 0,5 bis 3,4 Kilometer breite Schichten von Sedimenten zurückblieben. Dort wurde offenbar Wasser in Schüben freigesetzt, das stromlinienförmige Inseln und terrassenförmige Rinnenwände bildete. Einige sehr viel kleinere Kanäle durchziehen die nördliche Auswurfdecke des großen Einschlagskraters. Es wird vermutet, dass diese gewaltigen Wassermengen durch einen unter Druck stehenden Grundwasserleiter freigesetzt wurden, während sich die Verwerfungen aufbauten, oder dass die vulkanische Erwärmung zum Schmelzen des Bodeneises führte und das Wasser dann den einfachsten Weg durch das Grabensystem an die Oberfläche nahm.

Diese eine HRSC-Aufnahme ermöglicht bereits viele Einblick in eine faszinierende aktive Planetengeschichte mit Einschlägen, Vulkanen, tektonischen Gräben und Flusskanälen.

» zurück zum Presseprodukt