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Sedimente, Eis und jede Menge Wasser

» Erfahren Sie hier mehr zum Drillingskrater östlich von Le Verrier

Die Hochlandgebiete der südlichen Marshalbkugel sind von Einschlagskratern übersät. Ihre Anzahl ist im Vergleich zur Nordhalbkugel deutlich höher, was bezeugt, dass ihre Hochebenen zu den ältesten Gebieten des Planeten gehören. Eine dieser Regionen heißt Noachis Terra und gab dem Zeitalter „Noachium“ seinen Namen. Diese Epoche dauerte von circa 4,1 bis 3,7 Milliarden Jahren vor heute und war von einem starken Bombardement durch Meteoriten und Asteroiden geprägt. In dieser Frühphase des Planeten wurden weite Gebiete landschaftlich geprägt, deshalb die Namensgebung nach Noach (hebräisch: Noah), dem Erbauer der Arche im Alten Testament. Die Bilder zeigen drei sich überlagernde Einschlagskrater. Der größte von ihnen misst 45, der mittlere etwa 34 und der kleinste 28 Kilometer im Durchmesser. Ein Szenario für die Entstehung des Kraters könnte gewesen sein, dass ein Meteoroid in mindestens drei Teile zerbrach, bevor alle drei Körper nacheinander in die Marsoberfläche einschlugen.

Es könnte jedoch auch Zufall gewesen sein, dass drei Projektile unabhängig voneinander an nahezu derselben Stelle und in zeitlichem Abstand auf dem Mars einschlugen. Aufgrund der Tatsache, dass um den kleinsten Krater noch Rückstände seiner Auswurfdecke zu erkennen sind, liegt es nahe, dass zumindest dieser kleinere Krater deutlich nach den beiden größeren entstanden sein muss. Deren Auswurfdecken sind längt erodiert und verwischt. Am nördlichen Rand des Krater-Drillings (rechts oben in den Bildern Farbaufsicht, Farbkodiertes Höhenmodell und der Anaglyphe) ist noch eine weitere kleine, kreisförmige Struktur zu erkennen, die möglicherweise einen vierten, nun verfüllten Einschlagskrater darstellt.

Wie viele andere Einschlagskrater im südlichen Hochland zeigen auch diese drei Krater typische, von der Erosion schon etwas geglättete Ränder sowie seichte und recht ebene Kraterböden, was auf eine Verfüllung mit Sediment hindeutet. Teile der Kraterwände scheinen „zerschmolzen“ und in die Mitte der Kratervertiefung abgesackt zu sein; zahlreiche breite Rinnen durchschneiden die Hänge. Besonders auffällig sind die linienartigen Strukturen auf dem Boden des nördlichsten Kraters (rechts unten in den Bildern Farbaufsicht, Farbkodiertes Höhenmodell und der Anaglyphe). Seine Oberflächenmorphologie ähnelt der von irdischen Block- oder Schuttgletschern, die häufig in alpinen oder polaren Regionen vorkommen.

Diese typische Fließstruktur entstand, als die Mischung aus Schutt und Eis eines Gletschers im Krater an einem Durchbruch im inneren Kraterrand in die Mitte des Drillingskraters hangabwärts floss. Der Gesteinsschutt zeichnet dabei die Bewegungen des plastischen Eisstroms im Untergrund nach. Besonders gut wird das auf dem farbkodierten Höhenmodell sichtbar. Der dunkle Fleck im größten Krater stellt eine kleine Ansammlung dunkler Sande dar, die andernorts auf dem Mars zahlreiche und recht imposante Dünenfelder bilden.

Interessante Landschaftsmerkmale zeigt auch die Ebene um die Einschlagskrater, die ebenfalls eine sehr sanfte, geglättete Oberfläche aufweist. Sie ist nicht von unzähligen kleinen und mittelgroßen Einschlagskratern übersät, wie man es für eine Oberfläche dieses Alters auf dem Mars erwarten würde. Auch Sekundärkrater, die entstehen, wenn ausgeworfenes Material in der Umgebung eines frischen Kraters einschlägt, sind nicht zu sehen. Nur eine Handvoll schüsselförmiger, wenig erodierter und daher junger Krater ist dort zu finden. Es scheint so, als ob Krater, die über ein bestimmtes Alter hinausgehen, einer „Schmelze“ unterworfen waren und dass viele der kleineren und mittelgroßen Einschlagskrater, die noch älter waren, dadurch verschwanden. Wahrscheinlich spielte Eis im Marsboden eine Schlüsselrolle bei diesem Prozess der Einebnung.

Wenn kleinere Oberflächenstrukturen in einem eisreichen Boden gebildet werden, können sie durch die Fließbewegung des Eises auch wieder „schmelzen“ – sie lösen sich gewissermaßen auf, wodurch die Oberfläche wieder geglättet wird, wenn dafür genügend Zeit vorhanden ist. Im Englischen spricht man bei diesem für Gletscheraktivität typischen Prozess auf dem Mars von „terrain softening“, was salopp mit „Landschafts-Einweichen“ übersetzt werden kann. Diese Beobachtung zeigt, dass einst große Mengen Wasser auf dem Mars vorhanden waren. Mächtige Eismassen erzeugten gletscherähnliche Fließstrukturen, vor allem in der Noachischen Epoche. Heute ist das meiste Gletschereis längst verdampft und hat die mitgeführten Geröllmassen als Zeugen seiner Fließprozesse, ähnlich wie Gletschermoränen, zurückgelassen. Bodeneis gibt es heutzutage jedoch noch reichlich auf dem Mars. Es wurde 2008 erstmals vor Ort vom Lander Phoenix der NASA in den hohen Breiten des Nördlichen Tieflandes nachgewiesen.