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Stand des Wissens

Pflanzenkohle wird immer populärer, um Komposte sowie Böden in ihrer Fruchtbarkeit und Ertragsfähigkeit zu verbessern. Pflanzenkohle spielt eine zentrale Rolle für die langfristige Stabilität der organischen Substanz und beeinflusst zentrale Eigenschaften von Böden und Substraten nachhaltig. Clough et al. (2013), Basso et al. (2013), Lehmann et al. (2011), Worzyk et al. (2014) und Ippolito et al. (2012) haben u. a. die Erhöhung der Nährstoffspeicherung, die Verbesserung der Wasserhaltekapazität, die Aktivierung des Bodenlebens, die Beschleunigung des Schadstoffabbaus oder Verringerung der Bioverfügbarkeit von Schadstoffen, die Reduktion von Treibhausgasemissionen sowie phytosanitäre Effekte gegenüber bodenbürtigen Pathogenen nachgewiesen. Dabei hat es sich als vorteilhaft erwiesen, wenn Pflanzenkohlen nicht allein, sondern gemeinsam mit Komposten oder Wirtschaftsdüngern angewendet werden, um ihre Nährstoffaufladung sowie Oberflächenaktivierung zu forcieren (Wiedener et al., 2015).

Für die Anwendung in Landwirtschaft und Gartenbau haben sich derzeit vor allem die sogenannten Pyrolysekohlen, die bei hohen Temperaturen und Sauerstoffabwesenheit hergestellt werden und deshalb sehr abbaustabil sind, als praktikabel erwiesen. Kohlen, die im Prozess einer hydrothermalen Karbonisierung bei niedrigen Temperaturen und hohen Druck hergestellt werden, zeigen oft eine negative Wirkung in relevanten ökotoxikologischen Untersuchungen wie dem Regenwurmfluchttest (Busch et al., 2012) und unterliegen im Boden einer relativ schnellen Zersetzung, so dass sie nicht den gewünschten Effekt einer Langzeitspeicherung von Kohlenstoff in Böden erbringen.

Für die Arbeiten im angestrebten Projekt werden ausschließlich Pflanzenkohlen eingesetzt, die der Begriffsbestimmung nach den erarbeiteten Richtlinien für die Produktion von Pflanzenkohlen des European Biochar Certificate entsprechen.

Pflanzenkohle (auch als Biokohle, engl. Biochar, bezeichnet) ist definiert als pyrolytisch bei einem Sauerstoffgehalt unter 2 % und Temperaturen zwischen 350 und 1000 °C aus organischen Stoffen hergestellte Karbonisate, die ökologisch nachhaltig in der Landwirtschaft eingesetzt werden können (EBC, 2012).

Die Herstellung und die Anwendung von Pflanzenkohle geht zurück auf die Entdeckung der Terra Preta (portugiesisch für „schwarze Erde“) im Amazonasbecken. Terra Preta ist ein anthropogener Boden, der aus einer Mischung von Holz- bzw. Pflanzenkohle, organischer Substanz wie menschlichen Fäkalien, Dung und pflanzlichen Rückständen sowie Tonscherben und gelegentlich auch Knochen sowie Fischgräten besteht. Aufgrund der Farbe und dem Anteil an pyrogenem Kohlenstoff wird Terra Preta auch als Schwarzerde der Indigenen Amazoniens bezeichnet. Terra-Preta-Böden sind in einem jahrhundertelangen Prozess entstanden.

Entscheidend ist es darüber hinaus Pflanzenkohlen nicht in Einzelanwendung sondern im Gemisch mit nährstoffreichen Materialien wie Bioabfällen oder Tierdung einzusetzen. Im Projekt soll Pflanzenkohle gemeinsam mit Küchen- und Gartenabfällen kompostiert und als Pflanzenkohlekompost zur Verbesserung gärtnerischer Böden eingesetzt werden.

Eigene Ergebnisse/Vorarbeiten des Antragsstellers (Forschungsprojekte TerraBoGa, LaT erra4) zeigten, dass die Zugabe von Pflanzenkohle eine Verbesserung des Kompostierprozesses (Feuchte, Geruch, Substratstruktur, Feuchtrohdichte) bewirkt. Unterschiede im Verlauf der Kompostierung zwischen den Mieten mit Pflanzenkohle und den Mieten ohne Pflanzenkohle traten vor allem bei der Entwicklung des organischen Kohlenstoffs auf. Hier wirkte die Pflanzenkohle stabilisierend auf den Kohlenstoffhaushalt der Mieten. In den Mieten ohne Pflanzenkohle wurde im Kompostierungsverlauf durchschnittlich 55 % des anfänglichen organischen Kohlenstoffs aus dem Grünschnitt abgebaut, mit Pflanzenkohle nur 36 %. Insgesamt bedeutet die Kohlenstoffstabilisierung eine Reduzierung der Kohlendioxidemission und somit eine Entlastung der Atmosphäre. Darüber hinaus wurden auch die Emission weiterer Treibhausgase, wie N2O und Methan aber auch NH3 reduziert (Terytze et al., 2015).

Es gibt derzeit diverse Hersteller für Pflanzenkohle, Pflanzsubstrate auf der Basis von Pflanzenkohle und auch Anbieter von Anlagen zur Herstellung von Pflanzenkohle in pyrolytischen Prozessen. So ergab die Marktanalyse des BUND/Region Hannover5 ca. 10 Hersteller bzw. Anbieter von Pflanzenkohle, u. a. Pyreg (EBC-Zertifizierung), Carbon, Carbon- Terra (EBC-Zertifizierung), Susterra, Pflanzenkohle24 (FiBL-Zertifizierung), Pflanzenkohle Jäger, Triaterra, Fetzer GmbH (EBC-Zertifizierung), Phyto-Carbon, EM-Chiemgau, von denen fast die Hälfte bereits über ein Qualitätszertifikat verfügt. Renommierte Hersteller von Anlagen zur Pflanzenkohleproduktion sind u. a. Pyreg, BioMaCon, Carbon Terra GmbH, Regenerative Energie Wirtschaftssysteme GmbH, Carbon Gold, Cool Planet. Darüber hinaus gibt es Hersteller diverser Produkte im Bereich Pflanzsubstrate und Dünger auf Basis von Pflanzenkohle, u. a. Ecosus (FiBL-Zertifizierung), Neudorff, EM-Chiemgau, Palaterra, Wandlitzer Erden.

Im Hinblick auf die Qualität und schadstoffseitige Anforderungen sind in der Düngemittelverordnung grundlegende Randbedingungen für den Einsatz von Pflanzenkohle geregelt, wie die Ausgangsstoffe zur Herstellung, ein Kohlenstoffgehalt von mindestens 80 % sowie die Einhaltung von Grenzwerten zu Schwermetallen und ausgewählten organischen Schadstoffen. Das weitaus differenziertere Gütesiegel für Pflanzenkohlen, das Europäische Pflanzenkohle-Zertifikate (European Biochar Certificate – EBC) hat jedoch in Deutschland derzeit keinen verbindlichen Charakter. So sieht das Projekt auch eine Aufgabe darin, die Etablierung eines verbindlichen Gütesiegels für Pflanzenkohle sowie Pflanzsubstrate auf der Basis von Pflanzenkohle zu prüfen. Grundlage hierzu sollten die Empfehlungen des EBC sein, dass u. a. ausführliche Anforderungen zur Qualität von Pflanzenkohlen, aber auch zu möglichen Ausgangsstoffen, Anforderungen an Anlagen zur Herstellung, Transportwegebeschränkung zur Fokussierung auf die Schließung regionaler Kreisläufe enthält. Pflanzenkohle ist für die Verwendung im Ökolandbau entsprechend FiBL Betriebsmittelliste zugelassen. Hergestellte Pflanzenkohlekomposte können im Ökolandbau eingesetzt werden.