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3.7 Mündung der Quebrada Farellones: Ereignisse während des debris flows 1991 und Grad der Murengefährdung

Am östlichen Stadtrand, an der Puerto Natales, oberhalb vom Sportplatz, mündet die Quebrada Farellones direkt in ein Wohnviertel. Dies birgt ein hohes Gefahrenpotential bei debris flow Ereignissen. So hat auch das letzte Ereignis, dessen Ablagerungen gut zugänglich sind, hier besonders großen Schaden angerichtet.

 

Abbildung 3.7.1

Abb. 3.7.1: Blick stadtwärts von der Mündung der Quebrada Farellones. Die Straße (Vordergrund) dient als Ableitungsbahn für debris flows, der Sportplatz als Auslaufgebiet. Ein Kindergarten (nicht im Bild, unmittelbar links des Bildes) liegt in der Mittellinie der Murenbahn. Foto: C. Heubeck

 

Wegen möglichen Hangrutschungen und Schuttströmen sind die Bereiche am Ostrand Antofagastas besonders gefährdet, sodass auf dem Hang, in etwa 150 m Höhe, nur die arme Bevölkerungsschicht in meist halblegalen aber geduldeten Siedlungen wohnt. Die Häuser sind dürftig zusammengezimmert und oft ohne Wasser- und Stromanschluss. Dass diese riskanten Wohngegenden dennoch von vielen Menschen den Sozialwohnungs-Projekten am Nordrand der Stadt vorgezogen werden, hat unter anderem folgende Gründe: Die Arbeitsplätze vieler Billiglohnarbeiter liegen im Zentrum etwa 10 km von den Sozialwohnungen entfernt. Bei einem Mindestlohn von nur 150 000 Pesos (etwa 200 Euro) im Monat sind die Menschen aber darauf angewiesen, zu ihrer Arbeitsstelle laufen zu können, weil die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel mit 500 Pesos (etwa 0,70 Euro) pro Fahrt zu teuer ist. Außerdem gibt es auch nicht genügend sozialen Wohnungsbau, um alle Menschen unterzubringen.

Der letzte schwere Regen in Antofagasta fiel am 18.6.1991 und führte zu einer Katastrophe mit 92 Toten und 16 Vermissten. Der Regen verursachte debris flows mit einer Initialwelle von 4 m Höhe und Ablagerungen von 2 – 2,5 m in den Wohnvierteln. Strom- und Wasserleitungen wurden zerstört und unter dem Schlamm begraben und die Zufahrtsstraßen der Stadt, die in den Quebradas liegen, waren unbenutzbar. So war die Versorgung der Stadt tagelang komplett unterbrochen und Hilfe von außen nur über den Seeweg möglich. Hinzu kam ein großer Zeitdruck, da Schlammablagerungen sich innerhalb von einer Woche verfestigen und dann nur noch sehr schwer abgetragen werden können. Von den mindestens 7-8 x 105 m Material des debris flows mussten allein 4.2 x 10 5 m3 im Stadtbereich entfernt werden (Sepulveda et al., 2006). Weil die ungünstigerweise am Stadtrand geparkten Baumaschinen ebenfalls verschüttet waren, musste vieles mit Körperarbeit frei geräumt werden.

3.7.1 Debris flow Ablagerungen

3.7.1.1 Beschreibung:

Die grau-braunen Ablagerungen sind direkt neben der Straße über mehrere zehner Meter aufgeschlossen. In einer sandigen Matrix befinden sich wenige Zentimeter bis Meter große angerundete Klasten. Das Gestein ist komponentengestützt (Komponentenanteil über 50%) und eine Sortierung ist nicht erkennbar.

3.7.1.2 Interpretation:

Wegen des ariden Klimas gibt es in der Atacama Wüste nur physikalische Verwitterung, durch die Regolith entsteht, ein scharfkantiges Lockermaterial, welches wenig bis gar nicht bewegt wird, da ein Transportmedium fehlt. (Vergleichbar ist diese Situation mit der Marsoberfläche). Um Antofagasta sammelt sich der Regolith der La Negra Formation über Jahre an. Bei starken Regenfällen wird dann ein Massentransport ausgelöst. Dabei werden instabile Gesteinsmassen als zusammenhängende Einheit unter dem Einfluss der Schwerkraft Hang abwärts transportiert (Bahlburg & Breitkreuz, 2004). Im Gegensatz zum Einzelkorntransport ist Wasser hierbei nicht das Transportmedium.

3.7.1.3 Lösung:

Um das Material möglichst nicht in die Wohngebiete zu leiten, führen die Ausfallstraßen, welche direkt aus den Quebradas kommen, geradeaus hinunter Richtung Küste. So wird die Straße zur Erdmassenrutschbahn und der Schaden minimiert. Der Schlammstrom wird jedoch hierbei durch die Schmierung und die Hangneigung der Straßen stark beschleunigt.

Regenfälle in der Atacama kommen nur in El Nino Jahren vor, wobei es nicht bei jedem El Nino Ereignis zwangsläufig regnet. Wegen diesem Zusammenhang können anhand der debris flow Ablagerungen Aussagen zu überregionalen Klimaentwicklungen im Quartär gemacht werden (Vargas & Ortlieb, 2001).

 

 

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