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Eisige Schönheit

Utopia Planitia ist eine von drei großen topografischen Senken auf der Nordhalbkugel des Mars. Ihr Durchmesser beträgt 3.300 Kilometer. Das Becken ist vermutlich durch den Einschlag eines Asteroiden vor etwa vier Milliarden Jahren entstanden, der über 200 Kilometer groß gewesen sein dürfte. Das zunächst mehrere Kilometer tiefe Becken füllte sich im Laufe der Zeit mit Sedimenten, Eis und Lava, die durch Wind- und Wassertransport sowie Vulkanausbrüche mit dünnflüssiger Lava dorthin transportiert wurden. In dem hier gezeigten Ausschnitt von Utopia waren in erster Linie dicke Eis- und Staubschichten, die sich wie ein Mantel über die bestehende Topographie gelegt haben, die Gestalter dieser fast schon impressionistisch gemusterten Landschaft.

Die „Ebene der Utopie“ (lateinisch und griechisch für einen ‚nicht-existierenden Ort‘, den es nur in der Imagination gibt) ist demnach – noch vor der viel markanteren Impaktstruktur Hellas Planitia im südlichen Hochland – das größte Einschlagsbecken auf dem Mars. In Utopia landete wenige hundert Kilometer weiter östlich von der hier vorgestellten Landschaft am 3. September 1976 die NASA-Sonde Viking 2. Sie erforschte parallel mit der in Chryse Planitia gelandeten Schwestersonde Viking 1 für dreieinhalb Jahre den Mars erstmals vor Ort. Im Marswinter funkte Viking 2 dabei Fotos zur Erde, die nach den kalten Nächten von Raureif bedeckte Felsen zeigten – damals eine wissenschaftliche Sensation.

Vor zehn Millionen Jahren dürfte wesentlich mehr Eis in Utopia Planitia vorhanden gewesen sein, denn damals war die Rotationsachse des Planeten viel stärker gekippt, was zu zyklischen Änderungen des Marsklimas führt. Denn im Gegensatz zur Erde ändert sich die Neigung des Mars auf Zeitskalen von Hunderttausenden bis Millionen von Jahren erheblich. Bei der heutigen Neigung der Rotationsachse des Mars von 25,2 Grad (zum Vergleich: bei der Erde sind es 23,3 Grad) ist Eis nur in relativ bescheidenen Mengen am Nord- und Südpol vorhanden. Vor zehn Millionen Jahren könnte die Achse aber bis zu 60 Grad gegenüber der Umlaufbahn geneigt gewesen sein, was zu sehr viel extremeren Klimaschwankungen geführt hat: Eis in Utopia Planitia war eine der Konsequenzen.

Dabei entstanden die hier gezeigten „ummantelten Ablagerungen“, in der englischen Fachterminologie als „mantled deposits“ bezeichnet. Es handelt sich dabei um dicke, eis- und staubreiche Schichten, von denen angenommen wird, dass sie zuletzt vor zehn Millionen Jahren als Schnee abgelagert wurden, in den wiederum durch Wind eingetragener Staub gemischt wurde. Dieses Staub-Eis-Gemisch bedeckt und glättet die Oberfläche wie ein Mantel. Es ist sehr gut als ausgedehnte Flecken auf der linken und rechten Seite der senkrechten Draufsicht zu sehen (Bild 1). Die beiden zehn und zwölf Kilometer großen Einschlagskrater in der Bildmitte zeigen eine doppelschichtige Auswurfdecke. Bei näherer Betrachtung ist das geschichtete Erscheinungsbild der Mantelablagerungen gut an den Kraterrändern zu erkennen. Im Inneren der Einschlagskrater, wo es als ‚konzentrische Kraterfüllung‘ bezeichnet wird, ist es besonders gut zu sehen. Diese Ablagerungen sind auch in den kleineren Kratern der Umgebung zu finden.