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Meeresforscher entdecken uralte Überlebensstrategien gegen Hitzewellen im Ozean in mediterranen Korallen

News vom 09.10.2019

Studie der Freien Universität Berlin und der Universität Barcelona in renommierter Zeitschrift Science Advances veröffentlicht

Nr. 293/2019 vom 09.10.2019

Einige Korallenarten im Mittelmeer verfügen einer Studie von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Freien Universität Berlin und der Universität Barcelona zufolge über eine uralte Überlebensstrategie gegen Hitzewellen im Ozean. Die Reaktion sei an Mittelmeer-Korallen entdeckt worden, berichtet das Forscherteam in einer Studie, die am Mittwoch in der renommierten Zeitschrift Science Advances erschien. Die Korallen überlebten durch eine Verjüngung (Rejuvenescence). Für diese bislang nur von fossilen Korallen bekannte Strategie wurden von dem Team um Dr. Diego Kersting von der Freien Universität Berlin und Dr. Cristina Linares von der Universität Barcelona nun die ersten Beweise an lebenden Korallen erbracht.

Das Mittelmeer gilt als eine der Regionen die am stärksten vom Klimawandel und den damit verbundenen sommerlichen Hitzewellen betroffen sind. Vielfach wird über ein Massensterben von Mittelmeer-Korallen und anderen Organismen berichtet. „Selten aber ist die Widerstandskraft der Korallen Gegenstand von Berichten“, betont Dr. Diego Kersting.

Die Forscherinnen und Forscher überwachten im Columbretes Islands Marine Reserve (Spanien, nordwestliches Mittelmeer) seit 2002 Jahr für Jahr die gleichen 243 Kolonien der vom Aussterben bedrohten Riffbauerkoralle Cladocora caespitosa. In einer früheren Studie des Teams um Diego Kersting wurde dank dieser Langzeitüberwachung bereits gezeigt, dass die wiederkehrenden Hitzewellen Massensterben auslösten. „Die sommerlichen Hitzewellen setzen diese Korallen thermischen Belastungen und Hungersnöten aus, die am Ende des Sommers viele Korallenkolonien töteten“, erläutert Diego Kersting. Beispielsweise seien während der sommerlichen Hitzewelle des Jahres 2003, einer der intensivsten der letzten Jahrhunderte, ein Viertel der Korallenbedeckung auf den Columbretes-Inseln verloren gegangen.

Während der ersten Jahre nach dem Korallensterben erholte sich deren Population nicht; viele tote Kolonien blieben zurück. Diese Beobachtungen warfen ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Überlebenschancen dieser Koralle in einem sich stets stärker erwärmenden Mittelmeer auf. Die von Diego Kersting und Cristina Linares gewählte Langzeitüberwachungsstrategie, bei der immer dieselben 243 Korallenkolonien überprüft wurden, ermöglichte es jedoch zu entdecken, dass einige Kolonien, die vor vielen Jahren als tot angesehen wurden, lebende Polypen aufwiesen. Dieser Befund war Ursprung der jetzt veröffentlichten Studie: Die Forscherinnen und Forscher fanden heraus, dass die Genesung durch das Zusammenziehen von Polypen beziehungsweise durch Verjüngung erreicht wurden. „Es handelt sich um einen Prozess, bei dem ein Polyp aus der betroffenen Kolonie seine Größe deutlich verringert und das Skelett teilweise verlässt“, erläutert Diego Kersting. Nach dem Stress-Ereignis – und wenn sich die Umweltbedingungen verbessern –, wachse der verjüngte Polyp auf seine ursprüngliche Größe zurück, baue ein neues Skelett im alten Skelett auf und beginne, tote Koloniebereiche durch Knospung neu zu besiedeln „Die Umweltbedingungen verbessern sich für Korallen im Mittelmeer immer nach dem Sommer, das heißt, es wird im Herbst immer kühler“, erläutert der Forscher. Dies ermögliche die Genesung der Kolonien.

Das Autorenteam vermutet, dass diese Überlebensstrategie möglicherweise zuvor übersehen wurde, da wiederhergestellte Kolonien nach dem Wiederherstellungsprozess ein irreführend gesundes und ungestörtes Erscheinungsbild aufweisen. Ihre Strategie konnte nur entdeckt werden, indem man langfristig mit permanenten Ensembles von Mess- und Beobachtungspunkten arbeitet und die inneren Kolonie- und Korallitstrukturen analysiert. Dieser Prozess ermöglicht es, Skelettstrukturen klar zu identifizieren.

„Dieser Mechanismus der Genesung war bislang nur aus fossilen paläozoischen Korallen bekannt, die vor Hunderten von Millionen von Jahren lebten; noch nie war er in lebenden Korallen beobachtet worden“, betont Diego Kersting. „Die Ergebnisse dieser Studie ermöglichen es daher, die Ursachen und die ökologische Bedeutung dieses Mechanismus‘ zwischen fossilen und lebenden Korallen zu verknüpfen.“

„Dies sind eigentlich gute Nachrichten für das Überleben dieser gefährdeten Koralle in einem sich erwärmenden Mittelmeer“, unterstreicht Cristina Linares. „Wir haben jedoch ernsthafte Zweifel an der Wirksamkeit dieses Prozesses angesichts der sich beschleunigenden Erwärmungsraten, die die Kapazitäten der Korallen, sich zu verjüngen übertreffen könnten.“ Angesichts dieser Gefahr sei es wichtig, langfristige Überwachungsprogramme zu unterstützen; diese seien unerlässlich, um die Reaktionen von Organismen und Ökosystemen auf den Klimawandel zu beschreiben. Dringende Maßnahmen gegen den Klimawandel blieben unerlässlich.

Weitere Informationen und Interview-Anfragen

Diego Kersting, E-Mail: diegokersting@gmail.com

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