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Städtische Rückseiten - Das Bindegewebe der Stadt

Von der Macht der Differenzen zu einer Logik der Diversität

Städtische Rückseiten

Städtische Rückseiten

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Städte befinden sich in einem ständigen Transformationsprozess. Momentan sind in den wachsenden europäischen Metropolen Verdrängungstendenzen von Arbeits- und Produktionsorten aus der Innenstadt zu beobachten. Für den Erfolg der europäischen Metropolen werden in Zukunft auch kleinteilige Produktion, Gewerbe und Dienstleistungen eine große Rolle spielen. Das Phänomen der ‚Industrial Gentrification’ ist seit wenigen Jahren nicht nur in den Global Cities wie New York und London zu beobachten, sondern betrifft auch Städte wie München und Hamburg und neuerdings auch Berlin. Geht der Verdrängungsprozess ungebremst weiter, kann er schwerwiegende ökonomische und ökologische, aber auch soziale Folgen für die gesamte Stadt haben. Nach dem Auffüllen der großen städtischen Brachflächen wird nun die bestehende Stadtstruktur nachverdichtet. Oft trifft diese Nachverdichtung Orte mit einer geringen baulichen Dichte und Qualität, jedoch mit großer Funktionalität für den städtischen Organismus. Es sind die letzten innerstädtischen Orte, wo lärmende und schmutzige Tätigkeiten, preiswerte Dienstleistungen in enger Verflechtung mit Quartieren und kreative Unternehmensgründungen stattfinden können. Diese funktionalen Arbeitsorte werden in einem rasanten Tempo weniger, da sie dem Druck durch höherwertigere Nutzungen nicht standhalten können.

Die bis jetzt wenig erforschten Orte befinden sich in Zwischenräumen, Randgebieten und Übergangszonen entlang von Bahnschienen, Hafengebieten, Großmarktarealen und Infrastrukturkorridoren. Hier gibt es Werkstätten, Lagerhallen, kleine Produktionsbetriebe, Ver- und Entsorgungseinrichtungen sowie weitere Nutzungen, die für das Funktionieren der Stadt notwendig sind. Um diese Orte und ihre Nutzungen besser untersuchen zu können, wird der Begriff der „Städtischen Rückseiten“ eingeführt. Anhand von drei ausgewählten Fallbeispielen in London, Hamburg und Berlin werden die Städtischen Rückseiten qualitativ untersucht. Der Schwerpunkt der Fallstudien liegt auf den räumlichen und funktionalen Veränderungsprozessen dieser Rückseiten, welche in direktem Zusammenhang mit großen, innerstädtischen Masterplanprojekten auf ehemaligen Industriebrachen untersucht werden. Die Städtischen Rückseiten verändern sich besonders schnell, wenn sie unmittelbar neben einem den Kontext aufwertenden Transformationsprojekt liegen.

Durch die Untersuchung der Fallbeispiele wird deutlich, dass die Entscheidungsträger in den Städten bis jetzt nur wenig geeignete Instrumente besitzen, um den Verdrängungsprozess von kostengünstigem Arbeitsraum aus der Innenstadt effektiv zu steuern. Deswegen werden in dieser Arbeit alternative Strategien aufgezeigt, bei denen der spezifische Nutzer und seine Belange und Anforderungen im Vordergrund stehen. Eine nutzergetragene Projektentwicklung kann die Arbeitsorte der Immobilienspekulation entziehen, spezifische Nutzungsmischungen festlegen und langfristig günstige Mieten garantieren. So kann sichergestellt werden, dass funktionale Arbeits- und Produktionsorte auch zukünftig Platz in der Stadt behalten werden.

Schlagwörter

  • Städtebau, Stadtentwicklung, Stadtplanung, Stadterneuerung, Nachverdichtung, Innenentwicklung, Nutzungsmischung, Produktive Stadt, Nutzergetragene Entwicklung