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Ein "Achttausender" mit Sulfatschichten im Talkessel von Hebes Chasma

Stünde ein Astronaut im Talkessel von Hebes Chasma, würde sich ihm ein beeindruckender Anblick bieten: Die Steilwände des Talkessels ragen fast achttausend Meter auf und in seiner Mitte befindet sich ein zentrales Bergmassiv, das ähnliche Ausmaße wie der Mount Everest hat. Die vom DLR betriebene Stereokamera HRSC auf der ESA-Raumsonde Mars Express fotografierte Hebes Chasma bei mehreren Überflügen. Aus acht dieser Aufnahmen wurde nun ein Bildmosaik erstellt, das die gesamten Ausmaße dieser beeindruckenden Landschaftsformation zeigt. Die hier gezeigten Darstellungen wurden von der Fachrichtung Planetologie und Fernerkundung der Freien Universität Berlin erstellt. Die systematische Prozessierung der Daten erfolgt am DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof.


Hebes Chasma Perspektive
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Talkessel Hebes Chasma

Der abflusslose Talkessel von Hebes Chasma hat eine Ausdehnung von 315 Kilometern in West-Ost-Richtung und 125 Kilometern in Nord-Süd-Richtung. Der Tafelberg in seinem Zentrum erstreckt sich über etwa 100 Kilometer Länge und zwischen 10 und 20 Kilometern Breite.

Das Gipfelplateau dieses Tafelbergs überragt die tiefsten Stellen von Hebes Chasma um etwa achttausend Meter. Die steilen Talhänge sind durch eine Vielzahl von Rinnen (Bild 1) gekennzeichnet, die aus dem Gestein geschürft wurden. Am Fuß der Abhänge sind vielerorts Reste von Hangrutschungen zu sehen, die sich an den Flanken gelöst haben. Selbst diese zum Teil schon von der Erosion gezeichneten Überreste der Bergstürze bilden immer noch eintausend bis zweitausend Meter hohe „Mittelgebirge“ inmitten des Talkessels.


Hebes Chasma Farbmosaik
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Nach dem Aufreißen der Kruste bildeten sich wasserhaltige Mineralen

Hebes Chasma liegt nördlich des riesigen Grabenbruchs der Valles Marineris. Wie für die Valles Marineris wird auch für Hebes Chasma ein Ursprung vermutet, der mit der Entstehung der großen Vulkanprovinz Tharsis in Verbindung stehen dürfte, bei der die Marskruste in dieser Region um etwa vier Kilometer aufgewölbt wurde. Durch diesen Prozess baute sich im Untergrund enorme Dehnungsspannungen auf, die zum Aufbrechen der Kruste in der Tharsis-Region führten und tiefe Einschnitte in der Hochfläche entstehen ließen.

Der achttausend Meter hohe Tafelberg im Zentrum von Hebes Chasma besteht aus zahlreichen Lagen unterschiedlicher Gesteinsschichten, wie an den gebänderten und geschichteten Flanken gut zu erkennen ist. Es sind Sedimentschichten, die vermutlich von einem fließenden oder stehenden Gewässer abgelagert wurden. Stellenweise bestehen sie aus Mineralen, die in ihrer Kristallstruktur Wassermoleküle eingebaut haben, wie zum Beispiel das Kalziumsulfat Gips oder das Magnesiumsulfat Kieserit. Diese Minerale – die Salze der Schwefelsäure – bilden sich auf der Erde ebenfalls in wässriger Umgebung. Gips und Kieserit wurden hier und an morphologisch ganz ähnlichen Stellen mit dem Spektrometer OMEGA an Bord von Mars Express und dem CRISM-Experiment des Mars Reconnaissance-Orbiters der NASA nachgewiesen.


Hebes Chasma farbkodiertes Höhenmodell
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In der Fachliteratur werden diese Sedimentlagen als „Interior Layered Deposits“ bezeichnet, was etwa mit „geschichtete Ablagerungen im Innern von Depressionen“ übersetzt werden kann. Wie der riesige Berg in Hebes Chasma allerdings entstanden ist, ob es der Rest eines älteren Plateaus ist oder ob es sich um Sedimente handelt, die erst entstanden sind, als im abflusslosen Hebes Chamsa ein See oder Binnenmeer existierte, oder ob es gar Ablagerungen sind, die der Wind hierhin geweht hat, ist noch nicht geklärt. Flüssiges Wasser muss jedenfalls in Hebes Chasma zumindest zeitweise vorhanden gewesen sein. Später wurden die Gesteinsschichten durch Erosionsvorgänge freigelegt, so dass sie heute mit den Experimenten an Bord der Marsorbiter untersucht werden können. Sie liefern wichtige Hinweise auf die geologische Entwicklung und das Klima in der Frühzeit des Mars.


Hebes Chasma Anaglyphe
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Bildverarbeitung und das HRSC-Experiment auf Mars Express

Für die hier gezeigten Bilder wurden HRSC-Aufnahmen verwendet, die während der Überflüge in den Orbits 7237, 2149, 5178, 5160, 5142, 6241, 3217 und 0360 entstanden sind. Die Abbildungen zeigen hiervon einen Ausschnitt bei etwa 1° südlicher Breite und 284° östlicher Länge. Die Farbdraufsicht (Bild 2) wurde aus dem senkrecht auf die Marsoberfläche gerichteten Nadirkanal und den Farbkanälen der HRSC erstellt; die perspektivischen Schrägansichten (Bilder 1) wurde aus den Stereokanälen der HRSC berechnet. Das Anaglyphenbild (Bild 4), das bei Betrachtung mit einer Rot-Blau- oder Rot-Grün-Brille einen dreidimensionalen Eindruck der Landschaft vermittelt, wurde aus dem Nadirkanal und einem Stereokanal abgeleitet. Die in Regenbogenfarben kodierte Draufsicht (Bild 3) beruht auf einem digitalen Geländemodell der Region, von dem sich die Topographie der Landschaft ableiten lässt.

Die High Resolution Stereo Kamera wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt und in Kooperation mit industriellen Partnern gebaut (EADS Astrium, Lewicki Microelectronic GmbH und Jena-Optronik GmbH). Das Wissenschaftsteam unter Leitung des Principal Investigator (PI) Prof. Dr. Ralf Jaumann besteht aus 40 Co-Investigatoren, die aus 33 Institutionen und zehn Nationen stammen.